Medien und Medium

Glaskugel

Man hat ja nicht immer nur mit Menschen zu tun, die in derselben Branche arbeiten, wie man selbst. Und wenn man dann gefragt wird, was man denn so mache, dann ist die Antwort “Medienbeobachtung”, obwohl es sich um eine sehr beschreibende, sich selbst erklärende Bezeichnung handelt, nicht nur nicht immer ausreichend, sondern manchmal sogar irreführend.

Neulich kam es zu so einer seltsamen Situation. Ich traf den “” meiner “”. Als ich meine Antwort auf die besagte Frage, was ich denn so mache, mit “Medienbeobachtung” beantwortete, bemerkte ich eine seltsame Veränderung in seiner Mimik, eine Veränderung seiner Körperhaltung und eine etwas zu lange Pause in unserem bisher ganz angeregten Gespräch. “Medienbeobachtung?!”, wiederholte er mit einer fragenden Intonation und einem zweifelnden Gesichtsausdruck und fügte hinzu, ob es das denn in so einer großen Zahl gäbe, dass man davon leben könne. Ich zuckte kurz mit den Schultern, wußte so richtig nicht, was diese Äußerung bedeuten sollte und brachte nur einen auch für mich seltsam klingenden Singsang hervor, der am ehesten einem “Jaaha” ähnelte, aber auch ein Nein hätte bedeuten können. Nachfragen, was denn damit gemeint sei, konnte ich nicht, denn er fügte rasch hinzu, dass er damit gar keine Erfahrung habe. Eine Bekannte seiner Mutter, so erzählte er, habe mal so ein Erlebnis gehabt. Es habe sich dann aber herausgestellt, dass das mit ihrem etwas zu ausgeprägten Akoholkonsum zu tun gehabt habe. “Alkoholkonsum?”, fragte ich nach und wußte nun gar nicht mehr, was ich sagen sollte. Ja, sagte mein Gegenüber dann ohne Luft zu holen und wie um mich zu beruhigen, das sei ja wohl nicht immer so und er könne sich vorstellen, dass es so etwas wirklich gibt, auch wenn er selbst noch keine entsprechenden Erfahrungen gemacht habe. Ob ich ihn denn mal mitnehmen könne. Das würde ihn interessieren. Mitnehmen?, fragte ich, wohin? Na, sagte er, zu so einem spiritistischen Treffen, so einer Sitzung und dem Medium, das ich beobachten würde.

Gelacht habe ich nicht viel, als ich verstand, wovon der “” meiner “” redete. Ich wollte nicht unhöflich sein. So lange kannten wir uns noch nicht. Ich legte ihm eine Hand auf die Schulter, lächelte und sagte mit tiefer Stimme, “doch nicht solche Medien. PresseMEDIEN, Publikationen, Massenmedien. Es geht um Zeitungen, Zeitschriften, das Internet, TV, Radio, die Meldungen der bekanntesten Nachrichtenagenturen. Die werten wir für unsere Kunden aus. Media Monitoring, Media Screening.” Dann war der Groschen bei ihm endlich gefallen und er meinte staunend: “Ach sooooo! Jetzt verstehe ich.” Er schüttelte den Kopf. Das ich daran nicht gedacht habe, sagte er wie zu sich selbst. Das würde sein Onkel doch auch machen. Aber nur mit der Süddeutschen, die er sehr gerne lese. Wenn ihn etwas interessiere, würde er es ausschneiden und mit einem Magneten an den Kühlschrank peppen und jedem sagen, dass er es unbedingt lesen müsse. Anschließend würde er die Ausschnitte in eine Art Fotoalbum kleben und das Buch zu Weihachten verschenken. Aber immer jemand anderem. Wem ich denn mein Album nächstes Jahr schenken würde.

Burkhard Heinz
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