"Medienbeobachtungen"

Lektorat früher und heute

Zwei Mitarbeiter des Lektorats, Alisa und Boris, sitzen in der Teeküche und unterhalten sich über die Veränderungen ihres Arbeitsalltags.

Alisa: „Erinnerst du dich, wie ihr früher mit den Zeitungen und Zeitschriften gearbeitet habt? Jeden Morgen kamen riesige Stapel Printausgaben, und ihr musstet alles per Hand durchsuchen.“

Boris lacht: „Ja, das war schon eine andere Welt. Manchmal hatte ich am Ende des Tages Druckerschwärze an den Fingern. Aber irgendwie war es auch ruhiger. Es gab weniger Ablenkungen.“

Alisa nickt: „Wirklich? Das kann ich mir gar nicht richtig vorstellen. Heute kommt alles digital rein. Ihr habt da ohne Monitoring-Tool gearbeitet. Das muss doch sehr anstrengend gewesen sein. Ich meine, anstrengender als heute. Die ganzen Suchworte im Kopf zu haben, das ist doch unmöglich. Da ist das Tool doch schon praktischer. Wir sind auch schneller dadurch, glaube ich. Aber ich merke, dass meine Augen stärker gefordert ist. Man glotzt ja die ganze Zeit auf eine Stelle…“

Boris: „Geht mir genauso. Früher habe ich mich auf einen Artikel nach dem anderen fokussiert und sie auf der Zeitungsseite suchen müssen. Mal hier, mal da, mal oben oder unten. Jetzt ploppen auf dem Monitor ständig Hinweise auf neue Artikel auf, und ich denke immer, dass ich nicht schnell genug bin oder zumindest schneller sein könnte. Wenn früher die Konzentration nachließ, habe ich manche Zeitungsseiten dreimal durchsehen müssen Absatz, ich gedanklich vielleicht irgendwo andes war. Ich glaube, unser Gehirn kommt mit der digitalen Informationsflut trotzdem etwas besser klar, weil es früher die Markierungen und die Unterstützung durch die Datenbanken nicht in dieser Perfektion gab. Früher war das Lektorieren auch nicht meditativ, wenn ich ehrlich bin, aber heute ist es eher ein Multitasking-Marathon. Wir haben früher mehr übersehen. Viel mehr, denke ich. Oder nicht?“

Alisa: „Ich bin noch nicht so lange dabei. Aber Multitasking-Marathon, wie du sagst, ist schon ein guter Begriff für das, wie wir heute lektorieren. Vielleicht sollten wir öfter Pausen einlegen oder die Aufgaben wechseln, damit wir mehr Abwechslung haben. Das mit den Augen macht mir persönlich am meisten zu schaffen. Sie trocknen förmlich aus. Alle zwei oder drei Stunden brauche ich Augentropfen. Ich wäre auch gerne etwas länger in der Dokumentation. Da steht ma häufiger auf, muss was suchen oder mal einen Kollegen was fragen. Die Analyse finde ich auch sehr spannend.“

Boris: „Augentropfen sind keine schlechte Idee und Abwechslung ist immer gut. Ein bisschen analoges Arbeiten im digitalen Zeitalter sollte nicht schaden…. das könnte helfen, die Konzentration zu verbessern, obwohl ich sagen muss, dass die Analyse für mich so richtig nichts ist. Ich lektoriere eigentlich sehr gerne.“