"Medienbeobachtungen"

Schlagwort: Medienbeobachtung

  • Durchsicht

    Bei der Durchsicht der für einen Kunden vom Lektorat zusammengetragenen Ergebnisse der Medienbeobachtung fällt mir ein doppelter, eine ganze Zeitungsseite einnehmender Artikel aus einer im Würzburger Raum erscheinen Tageszeitung auf: dieselbe Quelle, dieselbe Überschrift, dasselbe Layout, unterschiedliche Erscheinungsdaten. Kann das sein? Derselbe Artikel in derselben Zeitung an zwei aufeinander folgenden Tagen? Ich schicke den Artikel zurück an die Lektoratsleitung mit Bitte um Klärung. Weil aber die Zeit drängt, versuche ich die Sache parallel mittels eines Anrufs bei der Redaktion zu klären. Herr L. ist sehr freundlich. Vorkommen sollte das eigentlich nicht, aber er schaut gerne mal nach. Ich höre ihn blättern. Ja, sagt er, in der Ausgabe vom 24.11. sehe ich den Artikel. Er blättert wieder. Ja, Sie haben Recht, sagt Herr L., in der Ausgabe vom 25.11. sehe ich den Artikel auch. Und er erklärt: Wir kaufen den Mantelteil ein und haben keinen Einfluss darauf, was da veröffentlicht wird. So eine Dopplung sollte eigentlich nicht vorkommen, wiederholt er sich. Ich bedanke mich und sage der Lektoratsleitung Bescheid: falscher Alarm; die Lektoren haben alles richtig gemacht.

  • Sponsor

    An einem der letzten August-Wochenenden gab es eine große Sportveranstaltung in einem fernen Land. Wir wurden mit der Aufgabe betreut, den japanischen Hauptsponsor zu beobachten und dessen mediale Präsenz in Text und Bild zu dokumentieren. Das Problem seitens des deutschen Kontaktes war das beschränkte Budget. Dass man eine Medienbeobachtung nicht nach Erreichen eines bestimmten Betrags abbrechen kann, war nur schwer zu erklären und für den ausländischen Sponsor schlicht nicht nachvollziehbar. Trotzdem haben wir eine Lösung gefunden, die den Kunden zufrieden stellte. Ob da aber nicht auch etwas Glück im Spiel war, lassen wir an dieser Stelle mal unberücksichtigt.

  • Erkenntnistheorie

    Einer unserer Kunden, für den wir eine Medienbeobachtung machen, ist ein großer Textilhersteller. Sein Metier sind Teppiche, Decken, Gardinen, Bezüge und was man sich noch so alles vorstellen kann. Ich muss noch sagen, dass ich selbst nicht als Medienlektor arbeite, sondern nur die Ergebnisse überprüfe, die von den Lektorinnen und Lektoren als Treffer markiert und entsprechend für die Kunden „gebucht“ werden. Als im Zusammenhang mit dem besagten Textilhersteller plötzlich ein eine ganze Zeitungsseite umfassender Text über den in Heidenheim im Jahr 1867 geborenen Philosophen Heinrich Maier vor mir liegt, denke ich, dass das nur ein Lektoratsfehler sein kann. Maiers Arbeiten, so heißt es in dem Artikel der Heidenheimer Neuen Presse, bewegen sich „an der Grenze von Psychologie und Erkenntnistheorie“. Das passt ja, denke ich noch und will den Text mit einem entsprechenden Vermerk dem zuständigen Lektor zurückgeben, als mein Blick auf das untere Ende der vorletzten Spalte fällt. Hier finde ich mit Kugelschreiber eine kleine Markierung: die beiden ersten Buchstaben eines Firmennamens sind unterstrichen. Und tatsächlich arbeitete der Vater des Philosophen Ende des 19. Jahrhunderts bei „unserem“ Textilhersteller. Gut, dass ich nicht Lektor bin, denke ich noch.

  • Medienbeobachtung mit Gänsefüßchen

    Medienbeobachtung der besonderen Art wird von der IVW (http://www.ivw.eu) durchgeführt. Die IVW ist die „Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern“. Sie ist ein gemeinnütziger Verein und als solcher eingetragen im Berliner Vereinsregister. Während wir normalen Medienbeobachter (beinahe) den gesamten Inhalt einer Publikation „verarbeiten“, beschränkt sich die IVW auf – man verzeihe mir diese Verkürzung – „Äußerlichkeiten“ und trifft Aussagen über Auflagenzahlen und Reichweiten sowie deren Entwicklung. 

    So hieß es in der letzten Pressemitteilung dieser „Medienbeobachter“ zum Beispiel, dass die Verkaufsauflage von Tageszeitungen des dritten Quartals im Vergleich zum Vorjahr um ganze 4,8 Prozent gesunken sei, eine Tendenz, die auch im Bereich der Publikumszeitschriften beobachtbar ist, obwohl in den letzten drei Monaten dank der besseren Einzelverkäufe ein leichtes Auflagen-Plus festgestellt werden konnte. Auch Fachpresse und Kundenzeitschriften, so die IVW, verzeichneten ein Minus, wenn auch mit 2 Prozent ein geringeres. Dass die Süddeutsche Zeitung ihre Samstagsausgabe vollständig überarbeitet hat und sie nun als Wochenendausgabe anbietet, liegt auch daran, dass die unter der Kategorie Wochenzeitung laufenden Publikationen, die einzigen Printmedien sind, die im Jahresvergleich einen steigenden Gesamtverkauf registriert haben. 

    Die Auflagenzahlen des dritten Quartals, gegliedert nach Medientypen können als PDF hier eingesehen werden: http://daten.ivw.eu/download/pdf/IVW_Statistik_Auflagen_20143.pdf Hier finden sich auch die sehr interessanten Zahlen zur Entwicklung des ePapers.

  • Ziel

    Orthografische Erbsenzählerei ist etwas, was mir, als (ehemaliger) Rechtschreibschwächling, eher unsympathisch ist. Im Rahmen meiner Arbeit im Bereich Medienbeobachtung gibt es aber immer wieder kleine Bonbons, die wenigstens unterhaltenden Charakter haben. So liegt grade ein Ausschnitt auf meinem Tisch, der aus der in dem im münsterländischen Gronau erscheinenden Wochenblatt mit dem Namen „Hallo Sonntag Northeim” erschienen ist. Der Text erzählt etwas über eine Gruppe von Marathonläufern. Der Artikel ist etwa 250 Worte lang, wird mit einem Foto der für 5 Läufer illustriert und trägt die schöne Überschrift “Weg ist das Ziel”.

  • Verbreitete Auflage

    Bei der Medienbeobachtung erhält der Kunde nicht nur den losen, ausgeschnittenen Zeitung- oder Zeitschriftentext. Nein, er erhält diesen feinsäuberlich ablösbar aufgezogen auf einem so genannten Medienblatt. Das Medienblatt enthält alle die Daten, die durch den “Ausschnitt” verloren gegangen sind – weggeschnitten wurden. Zu den wichtigsten Angaben gehören dabei die Quelle und das Erscheinungsdatum. Nachgewiesen werden aber auch mindestens zwei Auflagenzahlen: die verkaufte und die verbreitete, wobei diese zuletzt genannte immer höher liegt als jene, weil sie neben den verkauften zum Beispiel auch Ansichts-, Beleg- oder Probeexemplare umfasst. Darüber hinaus gibt es Medien, die nur “verbreitet“ werden. Wie etwa die wöchentlich erscheinenden Anzeigen- oder Wochenblätter – im Volksmund auch “Käseblätter” genannt.
    Heute ist mir eine Publikation auf den Tisch gekommen, bei der das Verhältnis zwischen verkaufter und verbreiteter Auflage besonders “interessant” ist: die DLG Lebensmittel. Die verkaufte Auflage gibt die IVW (Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern) bei dieser, in Frankfurt erscheinenden Fachzeitschrift mit “2” (in Worten: zwei) an, die verbreitete Auflage mit 10.054.

  • Arbeit

    Wenn ein neuer Kunde eine Medienbeobachtung in Auftrag gibt, wird er in der Regel gefragt, ob es einen kleinen Text gibt, der beschreibt, worum es bei dem, wonach wir suchen sollen, geht. Das soll den Blick der Lektorinnen und Lektoren etwas schärfen, denn es kann ja nicht darum gehen, eine Nadel im Heuhaufen zu suchen. Der Kunde kommt diesem Wunsch in aller Regel gerne nach.
    Die Ergebnisse, die die Lektoren finden, gehen alle noch einmal über meinen Tisch. Im Schnelldurchgang versuche ich – soweit möglich – Fehler aufzuspüren und zu korrigieren. Manchmal enthält ein Text die notierte Suchvorgabe gar nicht, manchmal ist die Quellenangabe unzureichend. Der Kunde wird mit diesen Unzulänglichkeiten nicht belästigt, wenn ich meine Arbeit gut mache.
    Nun liegt gestern plötzlich ein kurzer Text vor mir, in dem es um einen Bankraub geht. Nein, weiß ich, weder die Polizeibehörde noch die genannte Bank sind Kunden. Ich will den fraglichen Ausschnitt schon fast wieder zurückgeben, als mein Blick, wie durch Zufall, auf das Foto der Überwachungskamera fällt. „Wer kennt diese Person?“, wird dort gefragt. Die Person kenne ich nicht, aber das Logo auf der Jacke fällt mir auf.
    Den Medienbeobachtungsauftrag des besagten Kleidungsherstellers habe ich damals, glaube ich, sogar selbst entgegen genommen. Von einem Schwerpunkt „Arbeitskleidung“ war die Rede. Daran erinnere ich mich. Den Begriff „Arbeit“ aber so weit auszulegen, wäre mir im Traum nicht eingefallen. Wäre ich Lektor, ich hätte das bekannte Logo mit dem Vogel glatt übersehen.