Von der analogen zur digitalen Gedächtnisstütze

Eine der größeren Herausforderungen der in der Medienbeobachtung arbeitenden Lektorinnen und Lektoren bestand lange Zeit darin, mehrere Tausend Firmen-, Produkt-, Personen- und Veranstaltungsnamen im Kopf zu behalten. In einer Art Gedächtnisakrobatik mussten diese Namen aber nicht nur irgendwo im Gehirn gespeichert sein, sie mussten auch bei der Lektüre der unterschiedlichsten Pressetexte wiedererkannt werden.

Bedenkt man, dass die Anzahl der Firmen-, Produkt- und Personennamen, mit denen Lektorinnen und Lektoren umzugehen hatten, ungefähr der Anzahl der Worte entspricht, die ein durchschnittlicher Muttersprachler verwendet, um sich über sehr viele Dinge unterhalten zu können, dann deutet sich damit eine der Vergangenheit angehörende Unmöglichkeit an, der man im Lektorat mit seitenlangen Namenslisten, die oft mit handschriftlichen Notizen ergänzt wurden, mühevoll nachzukommen versuchte.

Selbstverständlich wurden dabei häufiger vorkommende Namen leichter erinnert, besser wiedererkannt und öfter gefunden; seltener vorkommende Namen wurden zum Ärger vieler Kunden von den im Lektorat arbeitenden Personen leichter vergessen, blieben öfter unerkannt und wurden häufiger übersehen.

Die Popularisierung der elektronischen Datenverarbeitung (EDV) zu Anfang der 1990er Jahre eröffnete kleineren und mittleren Unternehmen nicht nur neue buchhalterische Perspektiven, auch das Lektorat eines Medienbeobachters veränderte sich. Die Lektorinnen und Lektoren mussten sich nun nicht mehr mit seitenlangen, ausgedruckten analogen Namenslisten herumschlagen, die durch neue Auftragseingänge und Auftragsabgänge ständig geändert und aktualisiert wurden. Nun waren es Computerbildschirme, die eine Hilfestellung für das strapazierte Gedächtnis boten.

Die im Lektorat mit der Auswertung von Zeitungen und Zeitschriften betrauten Personen konnten nun in einer immer auf dem neuesten Stand befindlichen Datenbank nachschauen, ob ein bestimmter Name, den man in einem Text oder Bild gefunden hatte, von kundenseitigem Interesse war. Das ging häufig schneller als das Blättern in den papierenen Listen.

Die Kategorisierung von Publikationen und Presseartikeln führte zusammen mit der Verschlagwortung der Firmen-, Produkt- und Personennamen darüber hinaus dazu, dass der Bildschirminhalt an das Material, das die Lektorinnen und Lektoren vor sich liegen hatten und lesen mussten, angepasst werden konnte.
Mit dem im Wirtschaftsteil einer Tageszeitung erscheinenden Presseartikel über die Situation in der Automobilindustrie erschienen auf dem Bildschirm Namen, denen das Schlagwort “Automobil” zugeordnet worden war. Die Überlegung dabei war sehr einfach: die Nennung eines Automobilherstellers ist in einem Presseartikel über Automobile wahrscheinlicher als zum Beispiel  in einem Pressetext über Babypflege.

Die Entwicklung war damit aber noch längst nicht abgeschlossen. (Siehe hier!)

Burkhard Heinz
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