Zeitschriften, Digitalisierung und Journalismus

Zeitschriften
Patrick Priesmann ist seit 2015 Geschäftsführer des Südwestdeutschen Zeitschriftenverleger-Verbands, der Interessenvertretung der Zeitschriftenverlage in Baden-Württemberg, Hessen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland.

In einem mehrseitigen Interview für die Zeitschrift Blickpunkt wird er u.a.nach einer Erklärung dafür gefragt, dass die Zeitschriftenbranche einerseits jammert, andererseits aber 2019 deutlich mehr Zeitschriften als 2017 herausgibt. Patrick Priesmann antwortet mit einem Hinweis auf den sehr starken Verdrängungswettbewerb.

Je mehr Titel ein Verlag im Zeitschriftenregal stehen habe, um so größer sei die Kaufwahrscheinlichkeit. Gleichzeitig stehe die Werbebranche vor allem im Bereich der Publikumszeitschriften unter großem Druck. Hier habe man es mit Lesern und Leserinnen zu tun, die auch über das Fernsehen, Internet, Facebook, Google ganz gut erreichbar sind. Und was für die Zeitschriften gelte, gelte sogar auch für die Tageszeitungen: niemand muss heute mehr eines dieser Druckerzeugnisse kaufen, um sich zu informieren.

Unterhaltung und Informationen, die im Internet gar nichts kosten, schwächen damit aber nicht nur die Vertriebserlöse der traditionellen Printmedien, sie entziehen diesen auch die mit Auflage und Reichweite in Zusammenhang stehenden Werbeumsätze, die im Internet nicht an das digitale Angebot der Print-Verlage fließen, sondern an Facebook, Google, Youtube und Co., die hiermit große Gewinne machen, ihre kostenlose Angebote finanzieren und durch das Abgreifen von Daten effizientere Werbeformen entwickeln.

Was man in der Zeitschriftenbranche vor 20 Jahren nicht ganz richtig eingeschätzt habe, so der Geschäftsführer des Südwestdeutschen Zeitschriftenverleger-Verbands, war der Umstand, dass Print- und Online-Inhalte nicht gleichermaßen über Werbung finanziert werden können. Dabei sei unzureichend berücksichtigt worden, dass es, wie man heute weiß, online Reichweiten gibt, mit denen man in Printbereich einfach nicht mithalten kann.

Dass es für journalistische Inhalte aber auch im Internet einen Markt gibt, ist eine relativ junge Erfahrung.

Angelsächsische Medien wie Economist, New York Times, Washington Post, Financial Times und Guardian sind hier vorausgegangen, haben aber, so Patrick Priesmann, aufgrund ihrer Sprache ein Einzugsgebiet im Blick, von dem deutschsprachige Medien nur träumen können. Trotzdem haben auch einige deutsche Verlage Bezahlmodelle entwickelt, die mittlerweile funktionieren. Allen voran bild.de, Spiegel- und Zeit-Online.

Die infolge der Digitalisierung sich stellenden Anforderungen an den Zeitschriftenbereich treffen bei den Publikumsmedien auf ein ganz anderes Narrativ als bei der Fachpresse.

Die Konkurrenz der kostenpflichtigen Publikumsmedien mit dem kostenlosen Internet und dem Fernsehen wurde bereits erwähnt. Publikumsmedien in digitaler Form sind darüber hinaus eher ein “Nice-to-have” als eine ernste Alternative zu den gedruckten Ausgaben.

Das sei bei der Fachpresse ganz anders.

Sie habe den Vorteil, dass hier erstens eher die Unternehmen zahlen, die diese Publikationen für ihre Beschäftigten abonnieren. Zweitens “werden im Fachmedienbereich”, so Patrick Priesmann, “Inhalte zur Verfügung gestellt, die es sonst nicht gibt und die wichtig für die tägliche Arbeit sind und diese auch erleichtern.”

Außerdem können Fachpublikationen durch die Digitalisierung zum Beispiel ihre Aufgabe als Nachschlagwerk viel besser erfüllen. Hierauf gründen Verlage wie Haufe oder Becks ihren (digitalen) Erfolg.

Gleichzeit ergeben sich durch die in diesen Verlagen gut laufenden (neuen) Produkte Prozesse, die den traditionellen Aufgabenbereich des “typischen” Journalisten hin zu juristischen oder betriebswirtschaftlichen Aufgaben verändern, so Priesmann.

Allgemein könne man sagen, dass innerhalb des Berufsbilds des Journalisten sowohl die Kommunikations-Dienstleistung wie auch das Multichannel-Publishing stärker werden, d.h. Inhalte müssen unter Berücksichtigung von Interessengruppen modellierbarer sein und unter Berücksichtigung unterschiedlicher Kanäle – Print, Social Media, Online – ganz unterschiedliche Formen annehmen können.

Das vollständige Interview finden Sie hier zum Nachlesen.

Burkhard Heinz
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